Wie gewonnen so zerronnen

IFK-Wirtschaftlichkeitsumfrage zur Lage der Physiotherapie

Die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsumfrage 2016 des Bundesverbands selbstständiger Physiotherapeuten (IFK) lassen aufhorchen: Erhöhte Verwaltungsaufwendungen und Personalkosten nagen erheblich an den Gewinnen selbstständiger Physiotherapeuten und insbesondere kleine Praxen im ländlichen Raum rechnen sich immer weniger.

Die IFK-Wirtschaftlichkeitsumfrage liefert seit mittlerweile über 20 Jahren regelmäßige Informationen über die wirtschaftliche Situation in den Physiotherapie-Praxen. Die aktuelle Umfrage offenbart vor allem die Folgen des zunehmenden Fachkräftemangels in der Branche. Praxisinhaber leiten ihre gestiegenen Umsätze an die Mitarbeiter weiter, da der Wettbewerb um physiotherapeutische Fachkräfte immer größer wird, und müssen gleichzeitig immer länger arbeiten. Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage steht das Patientenwohl für die Physiotherapeuten allerdings weiterhin an erster Stelle.

Ländliche Versorgung akut gefährdet

Die IFK-Wirtschaftlichkeitsumfrage hat ergeben, dass Praxisinhaber mit bis zu fünf Mitarbeitern pro Jahr lediglich einen Gewinn von 58.905 Euro erwirtschaften, der das unternehmerische Risiko der Selbstständigkeit kaum rechtfertigen kann. Noch deutlicher wird dies in Praxen mit bis zu drei therapeutischen Mitarbeitern, deren Brutto-Gewinn nur bei 44.561 Euro liegt. Zieht man vom Bruttogewinn des alleinstehenden Inhabers einer Kleinpraxis noch Steuern und Sozialabgaben ab, so verbleibt netto ein durchschnittlicher Monatsgewinn von nur rund 2.140 Euro. „Die Folge ist, dass Kleinpraxen, die insbesondere für die Patientenversorgung in ländlichen Gebieten dringend benötigt werden, für selbstständige Physiotherapeuten nicht attraktiv sind“, warnt Ute Repschläger, Vorstandsvorsitzende des IFK.

Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage hat das Patientenwohl für die Physiotherapeuten oberste Priorität. Die Behandlungszeiten in den wesentlichen Therapien liegen weiterhin im oberen Zeitfenster der in den Rahmenverträgen festgelegten Zeitkorridore. So wird z. B. bei einer Regelbehandlungszeit von 15 bis 25 Minuten für Krankengymnastik durchschnittlich 24,17 Minuten lang behandelt.

Zunehmender bürokratischer Aufwand

Die wöchentliche Arbeitszeit eines Praxisinhabers ist laut der Umfrageergebnisse um durchschnittlich 2,25 Stunden pro Woche angestiegen und liegt mittlerweile bei 45,38 Stunden pro Woche, insbesondere aufgrund der um rund 19 Prozent gestiegenen Arbeitszeit für Verwaltungstätigkeiten. Dieser Trend zu mehr Bürokratie zeigt sich auch an der Zahl der Büro- und Rezeptionsfachkräfte, die gegenüber der vorigen Umfrage noch einmal deutlich gestiegen ist. Insgesamt haben 78,7 Prozent aller Praxen mindestens einen Mitarbeiter im Büro bzw. an der Rezeption beschäftigt. 2012 hatte der Wert noch bei 65,2 Prozent gelegen. Von 2007 bis 2014 hat sich der Anteil sogar mehr als verdreifacht.

Mitarbeiter profitieren von gestiegenen Umsätzen

Der Gesamtumsatz einer durchschnittlichen Physiotherapiepraxis stieg zwischen 2012 bis 2014 um 21,4 Prozent. Die Praxisausgaben haben sich im gleichen Zeitraum aber sogar um 24 Prozent erhöht. Besonders fällt dabei gestiegene Anteil der Personalkosten ins Gewicht, der nun fast 50 Prozent des Umsatzes beträgt. Zum Vergleich: Noch 2007 hatte der Wert 41,61 Prozent betragen. Dies erklärt sich zum einen damit, dass der Personalbedarf in der Physiotherapie deutlich gestiegen ist – die Zahl der therapeutischen Mitarbeiter stieg um rund 15,8 Prozent. Es spricht aber zusätzlich dafür, dass die Praxisinhaber ihre Mehreinnahmen in großem Maße an ihr Personal weitergegeben haben und somit auch die angestellten Therapeuten indirekt von Vergütungserhöhungen profitieren.

Forderung nach Direktzugang

77,8 Prozent der befragten Physiotherapeuten fühlen sich befähigt, Patienten ohne ärztliches Rezept behandeln zu können. Um den sogenannten Direktzugang schon jetzt auszuüben, sind 42,5 Prozent als (sektoraler) Heilpraktiker anerkannt (gegenüber nur 26,4 Prozent im Jahr 2012). 20,45 Prozent streben zudem eine Anerkennung an, sodass in absehbarer Zukunft über 60 Prozent der Physiotherapiepraxen auch als (sektorale) Heilpraktiker agieren. Ute Repschläger sieht darin jedoch nicht die Lösung: „Physiotherapeuten sollten nicht diesen Umweg gehen müssen, um eigenverantwortlich im Direktzugang arbeiten zu dürfen. Der Verband setzt sich für einen direkten Zugang zum Physiotherapeuten ein.“

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