Kommt bald die „iPad-Schulter“?

Verhaltensänderung statt Schulter-OP

Schulterbeschwerden gelten bereits als Volksleiden: Jeder Zehnte klagt über häufige und anhaltende Schmerzen.  Kein Wunder – ist die Schulter als unser beweglichstes Gelenk doch äußerst anfällig für Verschleiß, Entzündung und Verletzungen. Als typische Ursache für chronische Schulterbeschwerden gilt auch die tägliche Arbeit am Computer. Eine aktuelle Harvard-Studie  spricht sogar schon von der „iPad-Schulter“, da die ungünstige Körperhaltung an Tablet-PCs zu Beschwerden führt. Rund 250.000 Schulter-Operationen werden in Deutschland jährlich durchgeführt.  Oft unnötig, meinen selbst Experten – zumal Untersuchungen zeigen, dass viele Schulterbeschwerden auch ohne Operation gut zu behandeln sind. Dabei spielt Physiotherapie eine wichtige Rolle, um Schmerzen zu lindern und die Bewegungsfähigkeit wieder herzustellen. „Zudem werden Verhaltensweisen und Bewegungsmuster aufgedeckt, die die Beschwerden erst entstehen lassen“, erklärt Ute Repschläger, Vorsitzende des Bundes¬verbands selbstständiger Physiotherapeuten – IFK e. V.

Als äußerst bewegliches Kugelgelenk verdankt die Schulter ihre Stabilität einem komplizierten Zusammenspiel aus Muskeln, Bändern und Sehnen. Der enge Raum zwischen Oberarmkopf und Schulterdach führt dabei jedoch häufig zu Beschwerden. Fehlbelastungen oder Durchblutungsstörungen verursachen eine entzündliche Veränderung der Sehnen, z. B. das sogenannte Engpass-Syndrom oder Kalkeinlagerungen (Kalkschulter). Die gereizten Sehnen werden unelastisch und dicker – der ohnehin begrenzte Raum somit noch enger. Überkopf-Bewegungen oder nächtliches Liegen auf der betroffenen Schulter verursachen starke Schmerzen. Betroffene fallen dann häufig in eine Schonhaltung. „Durch schmerzbedingte Bewegungseinschränkungen besteht jedoch die Gefahr, dass die Gelenkkapsel schrumpft und die Schulter steif wird“, warnt Ute Repschläger. Physiotherapie sorgt dafür, die Schulterbeweglichkeit zu erhalten und die Schultersehnen unter dem Schulterdach zu entlasten.

Mithilfe verschiedener Tests kann der Physiotherapeut differenzieren, welcher Bereich der Schulter betroffen ist, und diesen gezielt therapieren. So helfen aktive Dehnübungen unter Anleitung und Zug des Therapeuten am Arm, die Enge unter dem Schulterdach zu erweitern – eine Millimeterarbeit, die sich lohnt. Unterstützend wirken auch einfache Pendelübungen zuhause, z. B. mit vollen Wasserflaschen in der Hand bei herunterhängenden Armen. Bei Kalkeinlagerungen und chronischer Sehnenentzündung wird die Durchblutung in der Schulter durch eine spezielle Druckmassage (Friktion) quer zum Faserverlauf angeregt. Besonders wichtig ist Physiotherapie, um Dysbalancen der Muskeln als Ursache von Beschwerden zu erkennen. Ute Repschläger: „In der Behandlung geht es darum, ungünstige Körperhaltungen oder gleichförmige Bewegungen im Alltag aufzudecken und mit dem Patienten Verhaltensänderungen einzuüben.“ Nur dann kann die Behandlung auch langfristig erfolgreich sein.

Oft verursacht die tägliche Körperhaltung am PC ein muskuläres Ungleichgewicht: Die Schultern sacken nach vorne, wodurch sich die vorderen Schultermuskeln verkürzen. Eine dynamische Arbeitshaltung und die ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes können hier vorbeugen. Auch die aktuelle Harvard-Studie zeigt, dass sich die Belastung von Nacken und Schultern bei der Nutzung von Tablet-PCs je nach Haltung erheblich unterscheidet. In der physiotherapeutischen Behandlung werden verkürzte Muskeln daher gedehnt und speziell die Muskeln gestärkt, die als „Abstandshalter“ zum engen Schulterdach dienen. „Für die Beschwerdefreiheit ist eine ausgewogene Schultermuskulatur enorm wichtig, so dass sich eine Haltungskorrektur an der Schulter langfristig immer auszahlt“, so Ute Repschläger.

Erst wenn sämtliche Möglichkeiten der konservativen Behandlung ausgeschöpft sind, ohne dass sich Schulterbeschwerden verbessern, sollten auch operative Maßnahmen in Erwägung gezogen werden.

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