Koordination neu erlernen

Effektive Hilfe bei Ataxie: Physiotherapie

Ataxie ist ein Oberbegriff für verschiedene Störungen der Gleichgewichtsregulation und Bewegungskoordination. Sie wird ausgelöst durch das Fehlen von geleiteten, sensiblen Informationen aus Gelenken und Muskeln (spinale Ataxie) oder auf Fehlfunktionen und Störungen des Kleinhirns (zerebelläre Ataxie). Die komplexe Koordinationsstörung kann sich sowohl auf Bewegung beziehen, wie Gehfähigkeit oder Greifen von Gegenständen, als auch auf Haltung und Sprache. Bei den sogenannten Zielbewegungen – z. B. dem Greifen eines Glases – werden Bewegungen mit einem falschen Ausmaß ausgeführt. Sie sind dann oft überschießend-ausfahrend oder auch unflüssig und verwackelt. Eine Studie der Uni Tübingen belegt aber, dass ein intensives Training in der Physiotherapie Gleichgewicht und Ganzkörperkoordination der Betroffenen deutlich verbessert. „Für Ataxie-Patienten ist Physiotherapie eine effektive Hilfe, um motorische Fähigkeiten im Alltag zu erhalten und die Sturzgefahr zu minimieren“, so Ute Repschläger, Vorsitzende des Bundesverbands selbstständiger Physiotherapeuten – IFK e. V.


Die häufigste Ursache von Ataxien sind Erkrankungen des Kleinhirns. Es ist dafür zuständig, sensible Informationen vom Rückenmark und der Gleichgewichtsorgane in motorische Bewegungsabläufe umzusetzen. Durch Entzündungen oder Verletzungen können jedoch Nervenzellen in Kleinhirn oder Rückenmark zerstört werden, so dass Betroffene die Fähigkeit verlieren, Bewegungen zielgerichtet zu steuern. Sie meiden daher schwierige Bewegungsabläufe und versuchen, koordinative Störungen durch eine steife, fixierte Körperhaltung zu kompensieren. Ihre Bewegungen wirken dadurch zwar ordentlicher, die alltägliche Handlungsfähigkeit nimmt aber ab. Ute Repschläger: „Eine Fixation der Schultermuskulatur schränkt z. B. mit der Zeit die aktive Kopfbewegung ein.“ Betroffene können bei Gleichgewichtsverlust immer schlechter reagieren, die Sturzgefahr und ihre Angst davor steigen.  


Forscher der Uni Tübingen haben mit einer computerbasierten Bewegungsanalyse von Gang- und Gleichgewichtstests herausgefunden, dass sich die Symptome und Alltagsfunktionen bei Ataxie-Patienten bereits durch ein vierwöchiges Koordinationstraining nachhaltig verbessern. Der positive Effekt hält zudem besser an, wenn Betroffene kontinuierlich weitertrainieren. „Der Physiotherapeut trainiert intensiv die Koordinationsfähigkeit und dynamische Stabilität, so dass alte Bewegungsmuster erneut eingeübt bzw. neue, an die Störung angepasste Muster erlernt werden können“, erklärt Ute Repschläger. Wichtig dabei: Betroffene müssen das „Wackeln“ wieder zulassen. Nur so wird das Gehirn angeregt, Bewegungen wieder zielgerichtet zu steuern. Die Übungen beim Therapeuten sollen den Rumpf stabilisieren und die freie Beweglichkeit der Gelenke erhalten – vor allem die der Schulter- und Hüftgelenke. Um die Koordination der Extremitäten-Bewegungen zu verbessern, wird z. B. die Bobath- oder PNF-Therapie eingesetzt. Um das Gleichgewicht zu schulen und das Gangbild zu normalisieren, werden verschiedene instabile Unterlagen wie Matten oder Trampolin verwendet. Trainiert werden vor allem alltagsrelevante Bewegungsabläufe. Zudem lassen sich auch einfache Übungen, wie die Drehdehnlage oder Arm-Beinbewegungen im Vierfüßler-Stand, als effektive Eigenmaßnahmen beim Physiotherapeuten erlernen. Ziel der Therapie ist z. B., dass Betroffene wieder sicher Treppen steigen, selbstständig essen oder leserlich schreiben. Hierfür werden die koordinativen Bewegungsabläufe wiederholt geübt. Es erfolgt eine Steigerung von langsamen zu schnellen Bewegungen und einfachen zu komplexen Abläufen. Komplexe Bewegungen werden dabei stückweise trainiert. Wichtig ist die Kontinuität des Trainings. Ute Repschläger: „Durch regelmäßiges aktives Üben können Betroffene ihre Krankheitssymptome wesentlich verbessern und an Lebensqualität gewinnen.“ 30 Minuten am Tag reichen bereits.

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