Veränderung der Versorgungsstruktur machbar

Trendanalyse des Modellvorhabens spricht für mehr Autonomie

Das Zwischenergebnis des bundesweit einzigen Modellvorhabens für mehr Autonomie in der Physiotherapie nach gesetzlichen Vorgaben wurde mit Spannung erwartet. Untersucht wird in einer randomisierten Studie in zwei Modellregionen, welche Auswirkungen mehr Autonomie auf Versorgungsqualität und Kostenentwicklung hat. Nun zeigen die Behandlungsergebnisse der Modellgruppe erste positive Tendenzen: eine größere Schmerzreduktion, eine bessere Funktionssteigerung und eine höhere Zunahme der gesundheitsbezogenen Lebensqualität der Patienten. „Die Ergebnisse der Trendanalyse beruhen zurzeit auf 59 Enddaten. Die Ergebnisse sind weitgehend konform mit den positiven Erfahrungen anderer Länder, in denen Physiotherapeuten eigenständig über die Art des Heilmittels sowie Häufigkeit und Frequenz der Anwendung bestimmen“, zeigt sich Ute Repschläger, Vorstandsvorsitzende vom Bundesverband selbstständiger Physiotherapeuten – IFK e. V., mit der Zwischenauswertung zufrieden. Und: „Sollte sich dieser Trend verfestigen, spricht das für die Veränderung der Verordnungsstruktur.“

Seit dem Start des Modellvorhabens nach § 63 Abs. 3 b SGB V von IFK und der Krankenkasse BIG direkt gesund im Juni 2011 wartet nicht nur die Therapiebranche auf erste Zwischenergebnisse. Da die Studie einen ersten wichtigen Schritt hin zum Direct Access – den Direktzugang des Patienten zum Physiotherapeuten – untersucht, sind die Ergebnisse für das gesamte Gesundheitswesen von Interesse. Peter Kaetsch, Vorstand der BIG direkt gesund: „Mit diesem Modellvorhaben wollen wir für bessere Versorgungsstrukturen sorgen und den Nachweis antreten, dass sich bessere, innovative Leistungen und die Zahlung einer Mitgliederprämie nicht ausschließen.“

Gezieltes Behandlungsregime
Für den Zwischenbericht wertete die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaft (ZHAW) stichprobenartig 59 Endbefunde von Versicherten der BIG direkt gesund aus. 27 Patienten entfielen auf die Kontroll- und 32 auf die Modellgruppe. Die Trendanalyse zeigt, dass es in beiden Gruppen eine hohe Behandlungszufriedenheit gab. Insgesamt berichteten die Teilnehmer der Modellgruppe aber tendenziell über eine größere Schmerzreduktion, eine stärkere Verbesserung ihrer gesundheitsbezogenen Lebensqualität, ihres aktuellen Gesundheitszustands und ihrer Funktionen im Alltag. Auch interessant: In der Modellgruppe wurden mehr Patienten mit allgemeiner Krankengymnastik und Manueller Therapie behandelt – in durchschnittlich weniger Behandlungseinheiten. Dies lässt laut ZHAW auf ein gezieltes Behandlungsregime der Physiotherapeuten schließen.

Weltweite Entwicklung zum Direktzugang
Weltweit steuert die Entwicklung auf einen Direktzugang zum Physiotherapeuten zu. Erfahrungen anderer Länder (Großbritannien, Norwegen, Niederlande, Schweden, Australien und Kanada) belegen unter anderem eine hohe Patientenzufriedenheit, eine rasche Patientenversorgung, eine häufiger adäquat abgeschlossene Behandlung und eine hohe Kosteneffizienz. Die Trendanalyse des Modellvorhabens lässt auch in Deutschland eine Übereinstimmung mit den Resultaten anderer Länder erwarten, in denen Autonomie bereits erfolgreich getestet wurde. Aussagen zum Kostenvergleich der Behandlungen liegen aktuell noch nicht vor.

Die Modellstudie
Insgesamt liegen für die 59 Studienteilnehmer folgende Ergebnisse vor: Im Durchschnitt waren die Patienten 48,4 Jahre alt. 40 (67,8%) waren weiblich und 19 (32,2%) männlich. 48 suchten eine Praxis in Westfalen-Lippe und 11 eine Praxis in Berlin auf. In beiden Gruppen dominierten Erkrankungen der Wirbelsäule mit 83%. Die Patienten wiesen mit Behandlungsbeginn gruppenunabhängig ein mittleres Schmerzniveau auf. Auch die gesundheitsbezogene Lebensqualität bewegte sich auf einem mittleren Niveau.

Das Modellvorhaben geht voraussichtlich 2014 auf die Zielgerade. Teilnehmen können nach wie vor Versicherte von BIG direkt gesund, die mindestens 18 Jahre alt sind und eine aktuell gültige Heilmittelverordnung aufgrund einer Wirbelsäulenerkrankung (WS 1 oder 2) oder einer Erkrankung der unteren Extremitäten (EX 1, 2 oder 3) haben. Für ihre Behandlung stehen 40 IFK-Modellpraxen in Westfalen-Lippe und Berlin zur Verfügung. Die Patienten werden durch die ZHAW „zufällig“ der Modell- oder Kontrollgruppe zugeordnet. Für die Modellgruppe bestimmt der Physiotherapeut dann selbst über Auswahl, Dauer und Frequenz der Behandlung.

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